Text und Bilder Prof. Hans-Dieter Pfannenstiel
In natürlichen Wäldern gab es dauerhaft vermutlich so um die fünf bis sieben Prozent Freiflächen, die das Wild zur Äsung oder um sich zu sonnen nutzen konnte. Wenn Reh- oder Rotwild auf entsprechenden Freiflächen im Wirtschaftswald äst, macht es keinen Schaden durch Verbiss oder Schäle. Man sollte das Wild dort dann auch einfach in Ruhe lassen. Jagdliche Aktivitäten besser an das natürliche Verhalten des Wildes anzupassen, ist sicher kein Fehler.
Zu Beginn der Vegetationsperiode versuchen Wildwiederkäuer ihre winterbedingt leeren Energiespeicher aufzufüllen. Die entsprechende Aktivität des Wildes wird immer wieder als Argument für die Jagd schon im April ins Feld geführt. Vertreibt man aber im Frühjahr die Stücke durch Bejagung von solchen Freiflächen mit frischem Grün, werden sie in dichtere Waldpartien ziehen. Wildschäden sind so geradezu vorprogrammiert. Ab Mitte Dezember bauen Wildwiederkäuer, gesteuert durch die Tageslänge, also völlig unabhängig von der Witterung, ihre inneren Organe und ihren Stoffwechsel um. Dadurch soll der Energieumsatz in Anpassung an die winterliche Äsungsknappheit verringert werden. Einschränkung der Bewegung, also Ruhe, ist eine wichtige Komponente des Energiesparprogramms. Wenn nun im Januar Wild durch Jagd gezwungen wird, sich viel zu bewegen, muss der entstehende höhere Energieumsatz durch vermehrtes Äsen ausgeglichen werden. Jagd im Januar provoziert also ebenfalls vermeidbare Wildschäden.
Seit Jahrzehnten versuchen fortschrittliche Waldbauern den sog. Wald-Wild-Konflikt durch immer höhere Abschusszahlen (Stichwort Mindestabschuss), durch immer liberalere Abschusskriterien und durch immer längere Jagdzeiten in den Griff zu bekommen. Das hat aber bisher nicht funktioniert. Wird es nicht allmäh...