Dr. Rolf D. Baldus, Internationaler Rat zum Schutz des Wildes und der Jagd (CIC)
Vor zwanzig Jahren begleitete ich einen Freund in ein Jagdgut in Österreich. Wir wussten, dass es ein Gatter war, hatten aber – ich schwöre es – keine Ahnung, dass wir in einem jagdlichen Bordellbetrieb landen würden. In unserer Naivität wussten wir noch nicht einmal, dass es Kleingatter zum Totschießen speziell für diesen Zweck gezüchteter Wildtiere in Mitteleuropa überhaupt gab. Der Berufsjäger erklärte uns das System. Hirsche, Steinböcke und Muffel wurden je nach Bedarf bei kleinen Zuchtbetrieben in der vom Jagdgast gewünschten Trophäenstärke bestellt. Sie wurden in der Kiste angeliefert und oft erst kurz vor Eintreffen des Jagdgastes auf dem Hochsitz freigelassen. Manchmal waren die Tiere dann sogar noch leicht betäubt, so dass der Jagdführer den Zustand weitgehender Immobilität mit Begriffen wie „abgebrunftet“ erklären musste, wenn er den Gast zum schnellen Schuss drängte.
Die Einfriedungen waren mit Bedacht angelegt. Großgatter hatten Unterteilungen. Die Gäste wurden durchaus auch manchmal in freier Wildbahn angesetzt. Man konnte sich also die Illusion bewahren, man jage nicht im Kleingatter. Ich war selbst dabei, als der Berufsjäger für eine Drückjagd im Saugatter in den Donauauen die erforderlichen Wildschweine orderte, um den vorhandenen handzahmen Bestand mit vielen Frischlingen und einigen wenigen Keilern anzureichern.
Über meine Erfahrungen schrieb ich damals einen Bericht in einer Jagdzeitschrift. Sofort flatterte dem Chefredakteur eine dreiseitige, eng beschriebene Gegendarstellung eines Rechtsanwalts auf den Tisch. Doch auch Tageszeitungen und Illustrierte berichteten. Offensichtlich wurde nicht nur gegen das Jagdgesetz, sondern auch gegen das Tierschutzgesetz, das Lebensmittel...