Text: Dr. Rolf D. Baldus
Fotos: Adobe Stock (Jeremy, donvanstaden)
Großflächig stirbt bei mir hinterm Haus im Siebengebirge die Fichte ab. Auch die Buche kränkelt. Vielerorts in Deutschland ist die Lage ähnlich ernst. Ein Waldumbau tut Not. Schaut man sich die Ursachenanalyse und die Rezepte für den Wald der Zukunft an, dann könnte man glauben, Reh und Hirsch seien für das Desaster verantwortlich. Dabei sind die „roten Rindenfresser“ überhaupt nicht die Schuldigen. Verantwortlich ist stattdessen ein millimetergroßes Insekt aus der Familie der Rüsselkäfer, der Klimawandel und eine oft fehlgeleitete Wald- und Forstpolitik der vergangenen Jahrzehnte.
Doch jetzt soll die bayerische Schalenwildeliminierungsstrategie „Wald vor Wild“ in ganz Deutschland das Fundament des zukünftigen Waldumbaus werden. Reh, Hirsch und Gams sollen weiter dezimiert werden. Seit Horst Stern im Fernsehen den Weihnachtsfrieden 1971 mit der Behauptung störte, zu viele Hirsche würden den Wald auffressen, ist dies die gängige Lehre geworden. Manche Forstbehörde tut so, als könne man überhaupt keinen Waldbau betreiben, wenn auch Rothirsch und Reh im Wald leben. Dabei weiß jeder, dass es „keine große Kunst“ (Fritz Nüsslein) ist, Wälder ohne Wild zu bewirtschaften. Zur Kunst wird das erst mit Wild. Für Ökologen und Jäger ist der Wald nicht nur Baumacker, sondern ein Ökosystem. Und da haben auch die großen Pflanzenfresser ihren Platz, genauso wie Schwarzspecht, Fledermaus und Wildkatze.
Die Deutsche Wildtier Stiftung weist zu Recht darauf hin, dass Horst Stern damals mehrfach ein „derzeit“ benutzt hat, wenn er von zu hohen Rotwildbeständen und der Dringlichkeit gesprochen hat, diese zu reduzieren. Als Naturschützer meinte er keinesfalls, dass man auf immer und ewig flächendeckend so viele Rothirsche wie mögli...