Text und Fotos: Rolf D. Baldus
Der französische Autor und Chefredakteur des Magazins Nouvel Observateur, François Armanet, hat vor ein paar Jahren zweihundert bekannte, teilweise berühmte Schriftstellerinnen und Schriftsteller auf der ganzen Welt gefragt, welche drei Bücher sie auf eine einsame Insel mitnehmen würden. Die Antworten waren erwartungsgemäß vielfältig. Die Klassiker überwogen. Mit Ovid, Shakespeare, der Bibel und Goethes Faust weist man sich aus als Intellektueller und Mensch von Kultur. Auch die Encyclopaedia Britannica (Orhan Pamuk), ein Märchenbuch (Günter Grass) und ein Telefonbuch (Umberto Ecco) wurden genannt. Nur ein Autor hatte den Mut zuzugeben, ihm erschiene „der größte Porno, den ich finden kann“ als unerlässlich. Mancher wollte ein leeres Heft mitnehmen und selbst schreiben.
Ich stand vor Jahren einmal vor einer ähnlichen Wahl, als ich mir eine Malaria eingefangen hatte und in einer Wildhüter-Station in Afrika übernachten musste. Die Hütte war ansonsten von einem englischen Cockney-Automechaniker bewohnt. Bei Malaria fühlt man sich hundeelend, und ich konnte nicht schlafen. Die Bibliothek des Hauses bestand aus einem Kfz-Handbuch, dem englischsprachigen Klassiker „Wo es keinen Arzt gibt“ und einem Schweden-Krimi. Ich entschied mich für das letztgenannte Werk. Es wurde eine katastrophale Nacht. Eine Malaria lässt mich als Nebenerscheinung des Fiebers ohnehin immer völlig melancholisch werden. Im Buch ging es um brutale Morde, und das gab mir den Rest. Danach hatte ich bei jeder Reise in den Busch immer ein, zwei Bücher im Rucksack. Oft brachte ich sie ungelesen wieder nach Hause mit. Häufiger war ich jedoch sehr froh, dass ich sie dabeihatte, wenn wir mit einem defekten Flugzeug auf einer abgelegenen Piste hängen blieben oder s...