Text: Bernd Kamphuis
Keiler haben eine Widerristhöhe von bis zu 80 Zentimetern und können je nach Region bis zu 130 Kilo Lebendgewicht erreichen. Sie sind wesentlich schwerer als Bachen, haben lange Körper mit verhältnismäßig kurzen Läufen. Bachen erreichen ein Gewicht von bis zu 70 Kilogramm. Der Kopf des Keilers ist erheblich breiter und gröber als der von Bachen. Der lange, dünne Pürzel trägt in der Regel eine Endquaste. Die spärliche Behaarung besteht aus weißen oder schwarzbraunen Borsten, die auf Scheitel und Rücken zu einer Mähne verlängert sein können. Oft ist ein weißer Backenbart vorhanden. Die westafrikanischen Keiler haben am Träger eine Wamme.
Auf dem Titelbild sieht man den Unterschied bei den Geschlechtern besonders deutlich: Bache (vorne links) und Keiler (rechts daneben) beim Schöpfen. Der Keiler hat starke, deutlich sichtbare Warzen seitlich unter den Lichtern, ist insgesamt größer, hat einen leicht durchhängenden Wurf und auch die stärkeren Waffen.
Der Name Warzenschwein rührt her von den paarigen Gesichtswarzen. Das sind Hautgebilde, die verknorpeln, aber nicht mit den Schädelknochen verwachsen. Unter den Lichtern trägt der Keiler auf jeder Seite deutlich sichtbar eine große Warze, genau wie kurz über dem Gebrech. Diese Warzen können 15 Zentimeter lang werden.
Ältere Stücke haben an der Vorderseite der Handgelenke Schwielen, da sich die Warzenschweine bei der Suche nach Fraß auf die Gelenke niederlassen. Auffällig ist das starke Gewaff, insbesondere die massiven Haderer (obere Eckzähne, Hauer), die beim Keiler 35 Zentimeter lang werden können. Die Haderer sind seitwärts und nach oben gekrümmt, die geringer dimensionierten Gewehre im Unterkiefer sind dünn, aber messerscharf.
Warzenschweine bevorzugen Grassavannen, insbesondere wenn niedrige Büsche vorhanden sind. Sie kommen im südlichen, östlichen und westlichen Afrika vor. Von Mauretanien bis Somalia, dann in einem Kreisbogen runter bis nach Natal, wieder rüber nach Namibia und Angola, erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet. Im westlich-äquatorialen Afrika kommen keine Warzenschweine vor. Sie besiedeln die Ebenen; aber in Äthiopien und Kenia, am Kilimandscharo, ziehen sie ihre Fährte auch bis in eine Höhe von 3000 Metern. Sie bevorzugen die Nähe von Wasser, sind aber auch fernab von Gewässern anzutreffen. In Namibia und Südafrika kommen sie selbst in den trockensten Landstrichen vor. Extreme Wüstengebiete besiedeln sie nicht, hier fehlt es an Fraß und Wasser zum Schöpfen.
Dass die Keiler in sehr steinigen Gebieten oftmals abgebrochene Waffen haben, kann übrigens nicht bestätigt werden. Ich habe in trockensten Gebieten alte Keiler mit intakten Haderern gesehen und in sandigen Keiler mit abgebrochenen. Allerdings korreliert natürlich ein besser geeigneter Lebensraum auch mit einer höheren Dichte an Warzenschweinen – und somit steigt die Chance auf den Anblick eines starken Stückes.
Warzenschweinrotten bestehen meist nur aus einer Bache mit Frischlingen, nie mehr als 5. Manchmal, eher selten sind es 2 Bachen. Keiler sind nie bei den Rotten, außer während der Rauschzeit. Das mit der Einehe kann ich auf keinen Fall bestätigen!
In Tansania bin ich aber auch schon auf Rotten gestoßen, die mehr als 20 Stück groß waren. Erstaunlicherweise sogar in dichten Waldgebieten, wo ich mit eher kleinen Rotten gerechnet hätte. Möglicherweise waren dies nur temporäre Zusammenschlüsse. Keiler halten sich vielfach abseits der Rotte. Die Rotten ziehen oft im „mäanderndem Gänsemarsch“. Bei schneller Fortbewegung halten sie die Pürzel als Folgesignal senkrecht steil nach oben. Diesem Verhalten verdanken sie auch den Spitznamen „Radio Afrika“.
Das von einer Rotte eingenommene Habitat umfasst manchmal nur wenige Hektar. Warzenschweine beziehen gerne die verlassenen Höhlen von Erdferkeln. Erdferkelbaue bestehen aus mehreren Kammern von etwa einem Meter Durchmesser und einem halben Meter Höhe. Sie sind ein bis zwei Meter tief. Der Eingang scheint gerade groß genug für ein ausgewachsenes Stück. Dies hat aber eine ganz praktische Bewandtnis: Bei Gefahr „schliefen“ die jungen Stücke zuerst in den Erdbau ein, dann folgen die adulten, indem sie rückwärts in die Zugangsröhre rutschen und dem Gegner ihre Kopfwaffen zeigen – ein imposanter Anblick und eine eindeutige Warnung!
Warzenschweine wählen gerne Quartiere aus, die an Hügeln oder an Hängen liegen, damit plötzliche Regengüsse nicht die Höhlen unter Wasser setzen. Das Erdreich am Eingang muss so fest sein, dass es nicht von Löwen oder Hyänen aufgekratzt werden kann. In größeren Erdferkellöchern finden oft mehrere Rotten Unterschlupf.
Warzenschweine sind tagaktiv. In der Mittagshitze ruhen sie gerne an schattigen Plätzen, die Nächte verbringen sie in ihren Höhlen. Allerdings sind gerade die Mittagsstunden geeignet (abhängig von der Jahreszeit), alten Keilern an Wasserlöchern zu begegnen. Gerne verdösen Warzenschweine in der kalten Jahreszeit die ersten Stunden nach Sonnenaufgang noch in ihren Erdlöchern, bis die Sonne an Kraft gewonnen hat. Säugetiere und Vögel warnen die Sauen durch ihr Verhalten vor Gefahren. Kronen- und Waffenkiebitze sind für sie zum Beispiel aufmerksame Wächter. In die Enge getrieben setzen sich Warzenschweine energisch zur Wehr. Die scharf geschliffenen Gewehre sind außerordentlich wirksame Waffen, die sie dem Gegner tief in die Flanken schlagen. Hauptfeinde der Warzenschweine sind Löwen, Leoparden, Hyänen und Hyänenhunde. Frischlinge sind außerdem durch Schakale und Adler gefährdet.
Bei den Paarungsduellen kämpfen die Keiler gegeneinander, indem sie sich durch Stirndrängen und Stöße zu überrennen suchen. Die Gewehre werden dabei selten als „scharfe“ Waffen eingesetzt. Zudem dienen die Gesichtswarzen als Schutz vor verletzenden Schlägen. Die bei Keilern besonders groß entwickelten Haderer sind mehr Drohsignal denn Waffe und dienen dem ritualisierten Kampf, dem Sau-Comment sozusagen. Andererseits sind sie praktisches Grab-Werkzeug, um harten Boden aufzulockern.
Im Paarungsvorspiel wird die Bache vom Keiler hartnäckig bedrängt. Nässt die Bache, markiert der Keiler an dieser Stelle mit seinem eigenen Urin. Nach 170–175 Tagen Tragzeit wirft die Bache in einem Erdloch. Entsprechend den zwei Zitzenpaaren werden von einem Wurf höchstens vier Frischlinge aufgezogen. Wenn ein Wurf aus mehr als vier Frischlingen besteht, gehen die überzähligen zugrunde. Eine Bache kann zweimal im Jahr frischen. Mit zwei bis drei Jahren sind Warzenschweine geschlechtsreif.
Warzenschweine sind Allesfresser, die aber vorwiegend pflanzliche Nahrung zu sich nehmen. Bei der Aufnahme von Gräsern lassen sie sich auf die Handgelenke nieder und schieben sich in dieser Haltung äsend vorwärts. Mit dem Wurf brechen sie im Erdreich auf der Suche nach Wurzeln und Knollen. Beeren, Baumrinde und gelegentlich Aas ergänzen den Speiseplan. Für die Sauen ist es übrigens von Vorteil, wenn sie ihren Einstand mit Wildarten teilen, die lange Gräser äsen und damit die Bildung von kurzem Gras begünstigen.
Nur während der Rauschzeit, in Namibia im Juni, Juli und August, schließt sich ein Keiler vorübergehend der Bache an. So kommt es, dass man sie zusammen am Wasser sieht, wobei sie oft ein kurzes, wohliges Schlammbad nehmen. Natürlich kann man in der Nähe rauschiger Bachen häufig mehrere Keiler antreffen, die sich gegenseitig den Rang ablaufen möchten. Manchmal ziehen ältere Keiler zusammen mit einem jüngeren Adjutanten.
Bei der Pirsch stößt man in hoher Vegetation oft überraschend auf Sauen. Wegen ihres relativ schlechten Gesichtssinnes kann man, wenn der Wind gut ist, recht nah herankommen. Die meisten ausgesucht starken und alten Keiler werden aber am Wasser erlegt, das sie in der Regel einmal am Tag aufsuchen. Wegen der hohen Vegetation, in der sich die Schweine sonst nach Fraß brechend aufhalten, ist es schwierig einen bestimmten, kapitalen Keiler auszumachen, ihn sicher anzusprechen und zu bejagen. Darüber sollte man sich im Klaren sein, wenn man auf starke Keiler aus ist. Was aber im Umkehrschluss nicht heißt, dass man alte Keiler nicht auch im „Veld“ (afrikanisch für „freies Terrain“) erbeuten kann.
Man sollte den Ansitz keinesfalls als langweilig abtun. Gerade das lange Warten an einer gut platzierten und wenig bejagten Wasserstelle kann höchsten Erlebniswert haben. Wasserstellen sind ideale Plätze, die Verhaltensweisen der Sauen zu beobachten und sie gezielt zu bejagen, vor allem wenn Bäume in der Nähe sind. Das Wild suhlt gerne und sucht anschließend einen alten Baum oder Baumstumpf, um kräftig die Schwarte zu „schubbern“.
In ganz Namibia können starke Keiler angetroffen werden. Besonders gut sind die Gebiete Okahandja-Hochfeld-Otjiwarongo-Kalkfeld, Maltahöhe und Otavi. Doch was ist eigentlich ein starker Keiler?
Bei einem starken, alten Keiler treten die Waffen deutlich mit Schwung hervor, dabei sollten sie sich nicht sofort zur Spitze hin verjüngen. Eine Faustregel sagt, dass man beim Tragen des erlegten Keilers die Waffen bequem als Handgriff benutzen kann und diese aus der Faust deutlich herausragen müssen. Kapitale Keiler haben Hadererlängen von 33 Zentimetern und mehr.
Als Altersmerkmal sind die oberen Gesichtswarzen, die beim alten Keiler lang und dick sind und häufig etwas herabhängen, anzusehen. Der Rücken hängt durch, die Haut wirkt lederartig, grau und rissig. Häufig haben Keiler durch ein öliges Drüsensekret unterhalb des Auges einen großen schwärzlichen Fleck. Eine Bache hat nur das vergleichsweise schwach ausgebildete obere Warzenpaar und oft einen auffallend weißen Backenbart. Die Waffen der Bachen sind in der Regel schwächer dimensioniert und meist mehr nach oben gekrümmt.
Text: Wolfgang Bauer
Für die Präparation erlegter Keiler gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Waffen werden von fachlich geschultem Personal nach dem Abkochen vorsichtig aus dem Kiefer herausgelöst. Nach dem Trocknen sind sie mit Spezialkleber zu füllen, um ein Reißen zu verhindern.
Danach können sie konventionell auf ein Brett gesetzt werden. Meine beiden uralten Keiler habe ich zum Beispiel auf ein extra dafür geschnitztes Brett mit dem Kopf eines Warzenkeilers aufgesetzt
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Schädel des Keilers ganz auszukochen und zu säubern. Dabei ist es nicht ganz einfach ihn von allem Fett zu befreien. Der komplett gebleichte Schädel mit seinen enormen Waffen wirkt enorm und ist sehr dekorativ.
Eine weitere Möglichkeit der Präparation ist natürlich die einer Schulter- oder Ganzkörpermontage. Diese kann sowohl vor Ort in Afrika als auch in der Heimat gemacht werden. Man sollte sich in Afrika sehr genau über die zu erwartende Qualität der Arbeit informieren.
In jedem Falle muss das Abschlagen, das aus der Schwarte schlagen (englisch: to skin) und Salzen der Schwarte vor Ort fachgerecht ausgeführt werden. Nur dann kommt die Schwarte in einem ordentlichen Zustand beim Präparator an und kann entsprechend weiter verarbeitet werden.