Michael Miersch: Herr Baldus, Sie kommen gerade aus dem Selous-Wildschutzgebiet zurück. Was hat sich verändert seit der Zeit von 1987 bis 2005, in der sie dort als Berater und Wildhüter arbeiteten?
Ralf Baldus: Am meisten fällt der Rückgang der Elefanten ins Auge: von 70.000 in 2005 auf etwa 13.000 heute. Verantwortlich ist die Wilderei. Sie wurde möglich, weil die Effektivität des Managements im Reservat zwischenzeitlich wieder auf das Niveau der achtziger Jahre zurückgefallen war. „Zurück auf Start“ würde man beim „Mensch-ärgere-Dich-nicht!“ sagen. Ein wesentlicher Grund: Zu meiner Zeit konnte der Selous die Hälfte der Einnahmen aus Jagd und Tourismus einbehalten. Wir haben damit das Management finanziert. Als die tansanische Regierung wieder auf die geringe Finanzierung aus dem Staatshaushalt umstieg, begann der Niedergang.
Viele afrikanische Staaten verzeichnen ein erfreuliches Wirtschaftswachstum. Die UN sagt, dass die Armut abnimmt. Warum kommt es gerade jetzt wieder zu einer Welle der Wilderei?
Weniger Armut führt nicht notwendigerweise zu einem besseren Schutz gefährdeter Tierarten. Und bei denen, die im Busch die schmutzige Arbeit machen, ist der Wohlstand ohnehin nicht angekommen. Die extrem gestiegene Wilderei hat wohl mehr mit dem wachsenden Wohlstand in Asien zu tun. Die Nachfrage nach prestigebehafteten Luxusgütern wie Elfenbein und Nashorn ist dort extrem gestiegen.
Ähnelt die Situation der Elfenbein- und Nashorn-Krise Anfang der 90er-Jahre oder gibt es bedeutende Unterschiede?
Es ist einfach viel schlimmer. Im Selous werden bis ...