Seit Stunden waren wir durch raue, ockerfarbene Canyons gepirscht, hatten vorsichtig um jede neue Geländebiegung geschielt. Es war kalt, regnete. Zwar wenig, aber seit Stunden. Wenn wir stehen blieben, um einen weiteren Gegenhang abzuglasen, pfiff uns scharfer Wind schneidend kalt um die Nase, was uns puterrote Gesichter am Ende des Tages bescheren sollte. An Wild waren wir bislang nicht herangekommen, hatten aber Fährten gefunden und drei Abwurfstangen verschiedener Maultierhirsche. Ein einzelnes Alttier war vor uns hochgeworden und abgesprungen. Die Büchse blieb den kompletten Tag unterladen, wie sie es auch in den zwei Tagen zuvor geblieben war. Wir hatten viele Kilometer zurück gelegt, ohne Beute gemacht zu haben. Und doch waren es schöne Tage, wir hatten Wild gesehen, manches nah, vieles fern. Die Hirsche waren alle ein wenig zu jung, einen Abnormen hatten wir am ersten Tag pardoniert.
Vielleicht kennen Sie das, wenn man zwar nichts erlegt hat, man aber trotzdem ein gutes Gefühl hat – das Gefühl, gejagt zu haben. Natürlich gehört die Beute dazu, denn ansonsten bräuchte man keine Büchse, sondern eher Joggingschuhe und Trainingsanzug und könnte auch ohne Jagd frische Luft inhalieren. Jagen verlangt auch nach Beute.
Und das Beutemachen ist eine starke Triebfeder. Wie sonst sollte man es erklären, dass man sich schindet, grimmige Kälte oder brütende Hitze und mit intensiver Jagd einhergehenden Schlafentzug freiwillig in Kauf nimmt. Vielleicht liegt es an der Ursprünglichkeit, am hautnahen Zugang zur Natur, sicher auch am angeborenen Beutetrieb. Durch das von eigener Hand gefallene Wild hat man den direktesten Bezug zum Leben. Der selbst herbeigeführte Tod, der Anblick des gefallenen, wunderschönen Wild...