Neid zählt im Katechismus der katholischen Kirche zu den sieben Todsünden. Doch keiner ist vor ihm gefeit – auch wir Jäger nicht! Aber ist Neid wirklich immer negativ?
Text: Dr. Dorothée Schatz
Illustration: Getty Images
Wann haben Sie das letzte Mal jemanden um etwas beneidet? Noch nie? Wirklich? Was haben Sie zum Beispiel gefühlt, als der ungeliebte Nachbar den starken Sechser geschossen hat, obwohl er seinen Einstand in Ihrem Revier hatte? Und hat es Sie wirklich kalt gelassen, dass er bei der Erntejagd wieder mehr Sauen geschossen hat als Sie? Oder was ist mit dem Mitjäger, der kürzlich mit einem neuen Gewehr und dem teuren Glas aufgetaucht ist? Haben Sie da nicht ein kleines bisschen Neid verspürt? Wer ehrlich zu sich ist, muss zugeben, dass ihm das Gefühl von Neid nicht fremd ist. Kein Wunder, denn Neid ist so alt wie die Menschheit selbst.
Doch woher kommt diese unangenehme Gefühlsregung? In erster Linie sind wir neidisch, wenn jemand etwas erhält oder ihm etwas gelingt, was uns selbst verweigert wird – obwohl wir so sehr danach gestrebt haben. Hinzu kommt die Überzeugung, dass wir es eigentlich verdient hätten. Neid stellt sich also immer dann ein, wenn wir meinen, zu kurz gekommen zu sein. Manchmal weckt er den aggressiven Wunsch nach Rache und Wiedergutmachung. Hin und wieder löst er aber auch Selbstzweifel aus und sorgt dafür, dass sich der Neider zurückzieht und mit seinem „Schicksal“ hadert. Bemerkenswert ist, dass die Person sich, egal ob sie aggressiv wird oder den Rückzug antritt, für ihr Verhalten schämt. Wer will schon ein Neider sein? Denn ist man von seinen Mitmenschen als Neider erkannt, haftet dieser Makel an einem wie Pech. Ist es daher besser, Neid zu unterdrücken? Nein! Denn wird er unterdrückt, bricht er irgendwann umso heftiger...