Jagdzeit jetzt
Newsletter Anmeldung
Die Abmeldung vom Newsletter ist jederzeit möglich.

Tödliche Begegnung: Warum musste Gardist Talbot sterben?

23.12.2020, 14:21 | Meldungen

Am 5. Mai 2019 tötete ein Elefant den britischen Gardisten Matthew Talbot (22) von den „Coldstream Guards“ im Liwonde Nationalpark in Malawi. Er war zusammen mit einem anderen Soldaten und drei malawischen Wildhütern unterwegs auf Patrouille. Die britische Armee trainierte damals unter der Operation CORDED in Zusammenarbeit mit anderen britischen Regierungsstellen Wildhüter in der Bekämpfung von Wilderern.

BBC berichtet, die Familie des Verstorbenen beklage, dass das Opfer nicht schneller medizinisch versorgt und mit einem Helikopter ausgeflogen wurde. Allerdings frage man auch, warum es den Soldaten nicht erlaubt gewesen sei, Warnschüsse abzufeuern.

Das britische Verteidigungsministerium hat nunmehr einen rund hundertseitigen Bericht über die Ursachen des tragischen Vorfalls vorgelegt. Dutzende von Militärs müssen wochenlang Beamtenschweiß vergossen haben, um die Einzelheiten bis ins Detail zu klären und Verbesserungsvorschläge zu machen.

Die Patrouille traf danach im hohen Riedgras auf eine kleine Herde von Elefanten. Man dachte, es handele sich um drei Stück, und wollte den eingeübten Befehlen gemäß die Herde umschlagen (der taktische Begriff lautet „boxing around“). Ein bis dahin verborgener Elefant griff dann die sich im militärischen Gänsemarsch bewegende Gruppe an. Die drei Afrikaner mussten sich nicht an irgendwelche Befehle halten, sondern verkrümelten sich instinktiv im Busch. Die mit Scharfschützengewehren bewaffneten britischen Soldaten hatten die Order, sich im Falle von Elefanten hinter einem Baum zu verstecken. Das hatten sie auch unter Anleitung von Ausbildern und unter Beachtung der entsprechenden Vorschriften eingeübt. Das Erklettern von Bäumen hingegen war nicht trainiert worden. Beide Soldaten machten jedoch den Fehler, sich befehlswidrig dem Erklettern von Bäumen zuzuwenden. Während dies einem auch gelang, wurde der Getötete von dem Elefanten erwischt. Der Baum hatte keine unteren Äste und war deshalb zum schnellen Aufstieg denkbar ungeeignet. Im Übrigen kann ein Elefant mit seinem Rüssel ohne weiteres bis auf vier Meter Höhe reichen. Dieser warf den Soldaten durch die Luft und griff ihn weiter an, als er auf dem Boden lag. Dabei erlitt der Soldat schwere Verletzungen. 

Der Bericht macht deutlich, dass beide Soldaten nicht sicher waren, ob sie auf einen geschützten Elefanten schießen durften. Warnschüsse waren ohnehin nach den „Standard Rules of Engagement“ verboten. Sie trugen Gewehre vom Typ L129A1 Sharpshooter mit sich. Der Halbautomat im Kaliber .308 basiert auf dem klassischen Modell AR-10. Das Militär hatte diese Gewehre ausgegeben, da man immerhin erkannt hatte, dass die üblichen Waffen im Kaliber .223 für Großwild ungeeignet sind. Das Kaliber .308 ist durchaus geeignet, um einen Elefanten mit einem zielgenauen Gehirnschuss zu erlegen. Einen angreifenden Elefanten zu stoppen, ist damit schwierig, allerdings nicht unmöglich. Nun waren die Soldaten mit diesem Gewehr jedoch nur für Weitschüsse und nicht für Nahschüsse ausgebildet, heißt es im Bericht. Offenbar hatten sie auch keine Übung mit dem nicht vergrößernden Rotpunkt-Visier. Die Waffe sei die noch am besten geeignete im britischen Arsenal gewesen. 

Der im Baum sitzende Soldat zündete schließlich einige Feuerwerkskörper, die er vor Ort privat zum Eigenschutz gekauft hatte. Inzwischen waren weitere Elefanten eingetroffen, die sich allerdings von den Krachern nicht sonderlich beeindrucken ließen. Als schließlich ein malawischer Wildhüter auftauchte und mit seiner wahrscheinlich uralten Repetierbüchse einen Schuss abgab, verzogen sich die inzwischen rund 20 Elefanten, und der schwer verletzte Soldat konnte mit Erster Hilfe versorgt werden. Er verstarb aber später.

Der Bericht enthält eine ausführliche Ursachenanalyse und gibt auch eine ganze Reihe von Empfehlungen. Dazu gehört eine bessere Ausbildung zum Erklettern von Bäumen, andere Verfahren der medizinischen Evakuierung, Training im reaktiven Schießen auf nahe Entfernung, Fährtenlesen und Risikoanalyse im Busch.

Eine wesentliche Feststellung fehlt allerdings: Militärpersonal mit traditioneller Infanterieausbildung ist offensichtlich völlig ungeeignet, afrikanischen Wildhütern im Busch etwas zur Bekämpfung von Wilddieben beizubringen. Umgekehrt würde ein Schuh daraus. Die Soldaten kennen sich im Busch nicht aus, wissen nicht, wie man Fährten liest, sind nicht auf Nahschüsse trainiert und sind angehalten, den Aufenthalt in hohem Elefantengras zu meiden. Vielleicht könnten sie den Scouts beibringen, wie man sich in einem Feuergefecht mit Wilderern verhält. Aber die sind in Malawi außerordentlich selten und bei einer Begegnung mit Wilderern hätten die „Guardsmen“ noch nicht einmal Warnschüsse abfeuern dürfen. Es ist offensichtlich, dass solche Soldaten nicht als Ausbilder afrikanischer Wildhüter dienen können. Welch eine eurozentrierte Arroganz, zu glauben, dass Briten im afrikanischen Busch Afrikanern, die dort aufgewachsen sind, überlegen sind. Hat das vielleicht mit Rassismus zu tun?

Wenn man den Bericht liest, dann wird einem deutlich, dass 30 oder vierzig Staatsdiener in der Etappe nötig sind, damit ein einziger Soldat afrikanischen Boden betreten kann. Was das alles kostet und was man mit diesem Geld erreichen könnte, wenn man statt britischer Soldaten erfahrene Wildhüter aus Simbabwe und Südafrika als Ausbilder einsetzen würde, will man sich gar nicht vorstellen. 

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Einsatz der „Coldstream Guards“, die ansonsten mit der Bärenfellmütze vor dem Buckingham Palast stehen, in Malawi vor allem ein Propagandacoup der britischen Regierung sein sollte. Offensichtlich wollte man zeigen, seht her, wir tun etwas für den Tierschutz in Afrika. Auch das Engagement des beim Militär populären Prinzen Harry für die Rettung der Elefanten in Malawi mag eine Rolle gespielt haben. Harry gehörte zur „Household Cavalry“. Die sind eng verwandt mit den „Guardsmen“ und zusammen marschieren sie bei der Geburtstagsparade für die Königin.

Sollte der bedauernswerte Guardsman Talbot nur für die PR seiner Regierung gestorben sein? RDB

Weitere interessante Artikel

Jagen in Südamerika

südamerika
Dr. Frank B. Metzner | 26 Min. Lesezeit
Die Jagd im unteren Teil des amerikanischen Kontinents ist bei weitem nicht so beachtet wie in Europa oder in Afrika und dennoch sehr abenteuerlich. Der südamerikanische Kontinent ist riesig, die Länder sehr unterschiedlich. Schon deswegen kann man die Verhältnisse vor Ort schwer mit gewohnten ja...

NORDAMERIKAS WILDARTEN – Big. Bigger. Bighorn!

nordamerikas wildarten bighorn widder
Kelly Ross | 18 Min. Lesezeit
Sie sind das Traumwild der Schafjäger in Nordamerika. Bighorn-Schafe sind ein majestätisches Wild, das von Kanada bis nach Mexiko seine Fährten zieht. Die Jagd ist hart und sehr exklusiv. Nur wenige Jäger sind in der Lage, die Strapazen am Berg zu meistern. Und den stolzen Preis für die Jagd zu z...

NAMIBIA – Jagd im Wildreservat Okonjati

wildreservat namibia elefant kudu löwe nashorn gepard giraffe
Ingrid Kreitmeier & Wolfgang Bauer | 23 Min. Lesezeit
Text: Wolfgang Bauer und Ingrid KreitmeierFotos: Annette Oelofse, Rudie de Klerk, Wolfgang Bauer und Ingrid Kreitmeier Die Stimme aus dem Funk scheppert abgehackt und für uns weitgehend unverständliches Afrikaans in die klare Frische dieses wunderschönen Morgens in Namibia. Die Sonne steht schon ...